SOMMER-LESETIPP von Tina Uhlmann
Eduardo Mendoza: Der Walfisch.
Wer in der Hochsaison nach Barcelona reist, wird dieses Buch als angenehmen Kontrapunkt zur Hitze empfinden – Eduardo Mendozas cooler Schreibe sei dank.
Während der kleine, dicke Indio-Bischof Fulgencio Putucàs in Barcelona an einem Kirchenkongress weilt, bricht in seiner zentralamerikanischen Heimat eine Revolution aus. Zurück kann er nicht, und in der scheinbar modernen katalanischen Metropole, die in Wahrheit so bigott ist wie das übrige Spanien der 1950er-Jahre, will ihn nach dem Kongress auch niemand mehr. So mutiert Fulgencio erst zum Hausdiener des verwöhnten jugendlichen Erzählers, dann zum Saufkumpan von dessen Vater und schliesslich zum Ganoven in eigener Sache. Erstaunlich, dass er dabei immer sympathischer wird!
Der preisgekrönte Autor („Katzenkrieg“, „Der Friseur der Kanzlerin“) legt hier ein ironisches Doppelporträt vor – zum einen seiner Stadt, zum anderen eines äusserst vielseitigen Gelegenheitshelden. Subversiv.
Nagel & Kimche, Roman, 128 Seiten
Aus dem Spanischen von Stefanie Gerhold
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Andrea (Freitag, 30 Oktober 2015 07:53)
Ein Zweig muss wirklich tot sein, damit er nicht mehr treibt.